Weiter geht es mit dieser Reihe zu den Gestaltgesetzen. Nachdem sich der erste Teil mit dem Gesetz der Prägnanz beschäftigt hat, soll dieser Artikel das sogenannte Gesetz der Nähe genauer beleuchten.
Eigentlich ist es eine ganz einfache Regel: Wir gruppieren einzelne Elemente des von uns Gesehenen, sobald diese eine gewisse Nähe zueinander haben. Das bedeutet, dass wir nah beieinanderstehende Elemente als zusammengehörig wahrnehmen.
Ganz gut sichtbar wird dieses Phänomen, wenn wir uns das obige Bild einmal genauer ansehen. Kaum jemand käme auf die Idee, dieses Bild zu beschreiben, indem er z.B. sagt „Eine Linie, noch eine Linie, größerer Abstand, noch eine Linie und noch eine Linie“ oder „Vier Linien mit verschiedenen Abständen“. Vielmehr hören wir Beschreibungen der Art „zwei Linienpaare“ o.ä.
Natürlich stellt sich auch hier wieder die Frage, wozu eine solche Erkenntnis gut sein könnte: Das Gesetz der Nähe kann wunderbar bei der Gestaltung von Programmoberflächen eingesetzt werden. Ein typisches Beispiel ist die Anordnung von Buttons in einer Toolbar. Statt einfach alle Buttons nebeneinander aufzureihen, kann man thematisch zusammengehörige Buttons direkt beieinander darstellen und zu den Buttons eines anderen Themas einen kleinen Abstand einfügen (z.B. Buttons für Dateioperationen und Buttons für Schriftformatierung).
Aber auch ein Formular kann durch geschickte Gruppierungen nach dem Gesetz der Nähe deutlich leichter interpretiert werden. Die nebenstehende Abbildung zeigt einen Frühstückskonfigurator in zwei unterschiedlichen Ausführungen. Variante 1 verzichtet auf Nähegruppierungen, wodurch alle Radiobuttons gleichwertig wirken. Problematisch ist jedoch, dass offenbar zwei Radiobuttons auswählbar sind… was (so wissen wir aus Erfahrung im Umgang mit solchen Schaltflächen) nicht möglich sein dürfte. Erst durch solche Überlegungen und genaueres Betrachten des Formulars erschließt sich, dass es sich um zwei verschiedene Gruppen von Radiobuttons (Belag & Brot) handelt, die getrennt voneinander bedient werden.
Eine deutlich bessere (wenn alleinstehend auch nicht immer perfekte) Lösung bietet hingegen Variante 2. Da die einzelnen Radiobuttons einer Gruppe durch die Nähe untereinander bzw. durch die Distanz zu den Buttons der jeweils anderen Gruppe klar zugeordnet werden können, fällt die Anwendung des Frühstückskonfigurators deutlich leichter. Die bei Variante 1 notwendigen Überlegungen zur eigenen Zerlegung in Gruppen ist somit überflüssig und der Nutzer kann mit deutlich geringerem kognitiven Aufwand sein Frühstück zusammenstellen.